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Ärzten bei Entscheidungen helfen
KI auf der pädiatrischen Intensivstation
Die Arbeit auf einer Intensivstation stellt Ärzte vor besondere Herausforderungen. Sie müssen Krankheiten wie etwa eine Sepsis zuverlässig erkennen und in kürzester Zeit die richtigen Entscheidungen treffen, damit sich der Zustand ihrer lebensbedrohlich erkrankten Patienten nicht weiter verschlechtert. Auf der pädiatrischen Intensivstation (PICU) kommt erschwerend hinzu, dass die vorherrschenden Erkrankungen und medizinischen Normwerte in der Altersgruppe 0 bis 18 Jahre stark variieren. Um Ärzte in dieser stressigen Situation zu entlasten und die Versorgung schwerstkranker Kinder und Jugendlicher zu verbessern, arbeiten Forscher und Mediziner im Leibniz KI Labor an einer KI-gestützten Entscheidungshilfe für Intensivmediziner. Das Projekt ist eine Kooperation des L3S mit der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).
„Wir konzentrieren uns auf die Vorhersage von Organfunktionsstörungen mit Hilfe von PICU-Daten. Das sind zum Beispiel Vitalparameter wie die Herzfrequenz, Laborwerte wie die Anzahl der Leukozyten im Blut oder Patientendaten wie das Alter,“ sagt Dr. Zhao Ren, Informatikerin und Ko-Koordinatorin des Leibniz KI-Labors. Die MHH stellt dafür anonymisierte klinische Gesundheitsdaten von mehr als 3500 Patienten der Kinderintensivstation zur Verfügung. Künstliche Intelligenz (KI) soll die Patientendaten in Echtzeit analysieren und die Ärzte bei der Entscheidungsfindung unterstützen.
Training mit Daten aus Gesundheitsakten
In den letzten Jahren wurden riesige Datensätze mit elektronischen Gesundheitsakten veröffentlicht, die das Training komplexer Deep-Learning-Modelle für genaue zeitliche Vorhersagen ermöglichen. Im Hinblick auf bestimmte Patientengruppen oder Krankheitsbilder, etwa Organfehlfunktionen in der Pädiatrie, sind die verfügbaren Daten trotzdem oft unzureichend und die Datenproben unvollständig. Außerdem sind medizinische Zeitreihen häufig unregelmäßig, da Messungen nach Bedarf und nicht für alle Patienten gleichzeitig durchgeführt werden. Viele Modelle zur Verarbeitung sequenzieller Daten nehmen jedoch gleiche Zeitabstände zwischen den Messwerten an. Die Entwicklung von Deep-Learning-Modellen für diese Daten stellt Wissenschaftler deshalb vor Herausforderungen. „Auf der Grundlage von neuronalen gewöhnlichen Differentialgleichungen haben wir ein KI-Modell entwickelt, das dieses Problem löst,“ sagt Ren. Das Modell wurde zunächst anhand eines umfassenden Datensatzes trainiert, um Merkmale zeitlicher Daten aus digitalen Gesundheitsakten zu erlernen. Danach wird es für spezifische Aufgaben weiter verfeinert, etwa für die Vorhersage der Sterblichkeit oder der Verweildauer auf der Intensivstation.
KI muss erklärbar sein
Aber wieso sollten Ärzte der KI-Vorhersage eigentlich vertrauen? „Ein KI-Modell für das Gesundheitswesen sollte keine Blackbox sein. Die Nutzer sollen verstehen können, warum die KI eine bestimmte Vorhersage erstellt hat,“ sagt Ren. So soll das klinische Personal die Vorhersagen über den Gesundheitszustand der Patienten nachvollziehen können, beurteilen und die entsprechenden Therapien einleiten. „Erklärbare KI ermöglicht Gerechtigkeit, Transparenz und schafft Vertrauen bei Entscheidungsträgern“, so Ren. „Deshalb ist es eines der am schnellsten wachsenden KI-Themen.“ Der Einsatz erklärbarer KI-Techniken bei der Erkennung von Organfehlfunktionen auf der Kinderintensivstation ist vielversprechend. So kann ein KI-System beispielsweise die Messungen von Vitalparametern visualisieren, deren Werte die Vorhersage am stärksten beeinflusst haben.
Kontakt
Dr. Zhao Ren
Zhao Ren war wissenschaftliche Mitarbeiterin am L3S und Co-Koordinatorin des Leibniz AI Lab.
Leonie Basso
Leonie Basso ist Doktorandin am Forschungszentrum L3S und forscht im Leibniz KI Labor.