Foto: TIB / C. Bierwagen
Schneller Zugriff auf Fachwissen
Damit Forschung exzellent sein kann, ist sie auf einen einfachen Zugang zu wissenschaftlichen Informationen angewiesen. Die Digitalisierung kann das wissenschaftliche Arbeiten in dieser Hinsicht erheblich erleichtern. Aus diesem Grund fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) seit 2014 in ihrem Programm „Fachinformationsdienste für die Wissenschaft“ (FID) den Auf- und Ausbau einer vorrangig digitalen leistungsfähigen und bedarfsorientierten Informationsinfrastruktur. Das Ziel: Wissenschaftler sollen von überall schnell und direkt auf Spezialliteratur und forschungsrelevante Informationen zugreifen können. Teil dieser Infrastruktur ist der Fachinformationsdienst Pharmazie in Braunschweig. Er bietet einen umfassenden Zugang zu pharmazeutischen Informationsressourcen und unterstützt Forscher mit passgenauem Service. Seit sechs Jahren läuft das Projekt als erfolgreiche Kooperation zwischen der Universitätsbibliothek Braunschweig und dem L3S, das mit Prof. Dr. Wolf-Tilo Balke vom Institut für Informationssysteme (IfIS) der Technischen Universität Braunschweig vertreten ist. Mit 2,8 Millionen Euro fördert die DFG den FID Pharmazie jetzt in der dritten Projektphase. „Die Gutachter waren vom bisherigen Erfolg des FID Pharmazie überzeugt und haben nachdrücklich die weitere Förderung des Projektes empfohlen, was für uns ein großer Ansporn für die nächsten drei Jahre ist“, freut sich Bibliotheksdirektorin Katrin Stump.
Als zentraler Dienst des FID Pharmazie hat sich die wirkstoffzentrierte Rechercheplattform PubPharm bereits in der Fachcommunity etabliert. Sie ist frei zugänglich und enthält mehr als 50 Millionen fachrelevante Ressourcen aus heterogenen Datenquellen, darunter Artikel aus Fachzeitschriften, Vorab-Publikationen, Informationen zu klinischen Studien und Patente. Neben der textbasierten Suche können Nutzer auch direkt nach chemischen Strukturen recherchieren, zu denen PubPharm auch weiterführende (Wirkstoff-)Informationen anbietet. Um den speziellen Bedarf der Fachcommunity abzudecken, stellt der FID auch überregionale digitale Fachzeitschriften bereit. Zu den FID-Services gehören außerdem Open-Access-Aktivitäten, Retrodigitalisierung und Langzeitarchivierung sowie Beratung zum Forschungsdatenmanagement.
Bei der Entwicklung des FID Pharmazie haben die Projektpartner von Beginn an die Anforderungen der Nutzer im Blick. Das Team hat Forscher frühzeitig in das Vorhaben eingebunden und tauscht sich mit der Fachcommunity regelmäßig aus. So entstanden nutzerzentrierte und nachhaltige Recherchetools. Außerdem verfolgen die Universitätsbibliothek und das L3S einen forschungsorientierten Ansatz, der inzwischen fest zur „DNA" des FID Pharmazie gehört. Ein Alleinstellungsmerkmal von PubPharm ist zum Beispiel eine auf innovativen Machine-Learning-Technologien beruhende kontextbasierte Ähnlichkeitssuche und semantische Facettierung für biologisch aktive Verbindungen und Erkrankungen. „Die komplementäre Verbindung zwischen der Universitätsbibliothek und forschender Informatik im enorm engagierten Team des FID Pharmazie begründet den Erfolg des Projektes und hat sich als modellbildend für weitere Fachinformationsdienste erwiesen“, betont Prof. Balke.
In der dritten Förderphase etablieren die Partner nun eine neue Gesamtarchitektur für PubPharm. Darin sollen alle Angebote des FID im Sinne eines Single Point of Entry eingebettet werden. Zudem wird ein fachspezifisches Repositorium aufgebaut, das heißt, pharmazeutische Publikationen werden auf einem Server archiviert und zugänglich gemacht. Eine neuartige Suchfunktion erschließt mittels narrativer Intelligenz automatisch die Inhalte. Die gesamten Entwicklungsaktivitäten sind weiterhin auf die Wirkstoffzentrierung als Alleinstellungsmerkmal des FID ausgerichtet.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die technische und organisatorische Umsetzung skalierbarer digitaler Prozesse, die die Metadaten wissenschaftlicher Produkte - klinische Studien, Faktendatenbanken, Forschungsdaten etc. - erschließen, validieren und semantisch anreichern sollen. Auch bei der Weiterentwicklung der innovativen Dienste steht das Team vor neuen Herausforderungen: So soll es möglich werden, Wechselwirkungen zwischen Wirkstoffen auf Basis wissensvermittelnder Produkte wie Publikationen und Fachdatenbanken vorherzusagen. Weiterhin ist die Plausibilisierung frisch publizierter Forschungsergebnisse geplant. Und die User-Experience soll verbessert werden: Die Nutzer sollen nachvollziehen können, wie die Ergebnisse einer KI-basierten Recherche zustande kommen.
Kontakt
Prof. Dr. Wolf-Tilo Balke
Wolf-Tilo Balke ist Mitglied des Direktoriums des L3S und forscht an der TU Braunschweig im Bereich Digitale Bibliotheken.