Foto: ©Olivier Le Moal Fotolia

Wie autonome Fahrzeuge von uns lernen

Autonom fahrende Autos sind schon lange keine Science-Fiction mehr, sondern werden in verschiedenen Autonomiegraden bereits heute im Straßenverkehr erprobt. Klar ist, dass die Fahrzeuge dabei auf Straßenverlauf, Fahrbahnmarkierungen und Verkehrszeichen achten und zudem die aktuelle Situation berücksichtigen müssen, zum Beispiel Baustellen, Sperrungen oder Wettereinflüsse. Um sicher am Verkehr teilzunehmen, spielen nicht zuletzt andere Verkehrsteilnehmer eine zentrale Rolle, seien es Autos, Radfahrer oder Fußgänger. Doch woher weiß ein Fahrzeug, wie es sich in jeder Situation verhalten sollte? Ist das komplett durch abstrakte Regeln beschreibbar? Müssen verschiedene Reaktionsmöglichkeiten gegeneinander abgewogen werden? Und wie geht man mit Situationen um, für die geeignete Regeln fehlen?

Besonders im Stadtverkehr gelten eine Vielzahl von Regeln, die zum Teil auch zueinander in Konflikt stehen können. Dies führt schnell zu unnatürlichem und zögerlichem, oft sogar unfallträchtigem Fahrverhalten. Maschinelle Lernverfahren könnten daher die heutigen regelbasierten Verfahren ergänzen. Die Idee ist, nicht mehr alle möglichen Situationen vorhersehen und durch geeignete Regeln abfangen zu müssen, sondern direkt aus dem Verhalten menschlicher Fahrer in zahlreichen Situationen statistisch zu lernen.

Im Projekt „Urban Mobility Assist“ widmen sich José María González Pinto und Wolf-Tilo Balke der Frage, ob aus einer größeren Menge von Aufzeichnungen des individuellen Fahrverhaltens (Big Data) typische Taktiken für die gleiche Strategie mit ausreichender Genauigkeit bestimmt werden können. Gäbe es solch dominante Taktiken, die sich noch dazu unterschiedlichen örtlichen oder aktuell feststellbaren Situationen zuordnen ließen, wäre das ein deutlicher Gewinn für die Verbesserung der autonomen Mobilität. Die Wissenschaftler setzten auf eine Mischung aktueller Fahrverhaltensmodelle und legten den Fokus auf Spurwechsel, Kreuzungen und Kreisverkehr in urbanen Bereichen. Erste Ergebnisse zeigen, dass das Erlernen von typischem Fahrverhalten aus Fahrzeug-Flottendaten in der Tat möglich ist.

Kontakt

Prof. Dr. Wolf-Tilo Balke

Prof. Dr. Wolf-Tilo Balke ist seit 2008 Leiter des Instituts für Informationssysteme (IfIS) und Ordinarius an der Technischen Universität Braunschweig sowie Mitglied des Direktoriums des Forschungszentrums L3S.