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Ausgabe 01/2023

Mehr als nur ein Zittern

Datengetriebene Klassifizierung von früh einsetzender Parkinson-Krankheit

Morbus Parkinson ist nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Allein in Deutschland sind mindestens 200.000 Menschen betroffen. Die Krankheit ist zwar vor allem für ihre körperlichen Symptome bekannt, wie Zittern oder verlangsamte Bewegungen (Bradykinese), tatsächlich gibt es jedoch eine große Vielfalt an klinischen Symptomen. Entsprechend unterschiedlich sind auch der Krankheitsverlauf, das Ansprechen auf die Therapie und die Bedeutung genetischer Faktoren.

Datengesteuert

Die Subtypisierung von Patienten mit Parkinson ermöglicht ein besseres Verständnis der Krankheitsmechanismen und erleichtert gezielte Maßnahmen oder Behandlungsstrategien. Die meisten derzeit bekannten Parkinson-Subtypen basieren auf motorischen Symptomen wie Bradykinese, Ruhetremor, Steifheit und Haltungsinstabilität. Zuvor treten jedoch häufig schon nicht-motorische Symptome auf, beispielsweise Schlafstörungen, kognitive Beeinträchtigungen und neuropsychiatrische Symptome wie Depression und Angstzustände, die erheblich zur Gesamtprognose beitragen. Für eine personalisierte Behandlung reichen symptombasierte Ansätze jedoch nicht aus. Eine Subtypisierung, die neben phänotypischen auch genetische Daten berücksichtigt, ist aber bisher wenig erforscht.

„Unser Ziel ist es, datengesteuerte Methoden zur Subtypisierung von Patienten zu entwickeln, die sowohl motorische als auch nicht-motorische Merkmale von Parkinson integrieren und außerdem klinische und genetische Daten nutzen“ erklärt Soumyadeep Roy, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Leibniz KI-Labor. Diese automatisch erlernten Subtypen werden untersucht, um potenzielle Marker für neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson zu identifizieren. Mit Hilfe dieser Marker könnte ein frühzeitiges therapeutisches Eingreifen bei neurodegenerativen Erkrankungen ermöglicht werden.

Personalisiert

Im Leibniz KI-Labor arbeiten Forscher des L3S daher eng mit Experten der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und weiteren Partnern wie dem Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik (PLRI) zusammen. „Wir konzentrieren uns zunächst auf junge Parkinson-Patienten und auf Patienten mit Begleiterkrankungen, wie Schizophrenie und schweren Depressionen. Wir möchten personalisierte KI-basierte Lösungen entwickeln, die die Ärzte in ihrer täglichen klinischen Praxis dabei unterstützen, Patienten gezielter und individueller zu diagnostizieren und zu behandeln“, sagt Roy.

Kontakt

Soumyadeep Roy

Soumyadeep ist Doktorand am IIT Kharagpur und arbeitet am Leibniz KI-Labor als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Er erforscht NLP und Representation Learning in medizinischen Anwendungen.

Dr. Dominik Wolff

Dr. Dominik Wolff leitet die Nachwuchsforschungsgruppe iXplain_CDS am PLRI. Seine Forschungsschwerpunkte sind Erklärbarkeit und Interoperabilität in der klinischen Entscheidungsunterstützung sowie die Identifikation von Biomarkern.