Das Bild wurde von Midjourney in geduldiger Zusammenarbeit mit ChatGPT4.o erstellt: „Eine hochformatige Collage in Meeresfarben, auf der linken Seite mit einer menschlichen Figur aus der Wissenschaft, stilisiert zu einem geometrischen Prisma. Ein einzelner weißer Lichtstrahl tritt in Prisma ein und teilt sich in sieben Strahlen, die sich nach rechts ausbreiten. Jeder Strahl endet in Formen wie Funken, sich überschneidende Kreise, Wellen, ausgewogene Schuppen, verzweigte Bäume und facettierte Kristalle. Der Hintergrund ist hell mit Überlagerungen von wissenschaftlichen und sozialen Motiven aus den Bereichen Mobilität, Medizin, Produktion und Bildung.

Forschung am L3S

Ziele, Richtlinien, Beispiele

Exzellente Forschung bildet das Fundament wissenschaftlicher Innovationen und Fortschritte, die unsere Gesellschaft nachhaltig prägen. Wonach strebt Forschung am L3S? Was sind unsere Ziele und Methoden? Was sind Beispiele für exzellente Forschung aus dem L3S?

Einer unserer frühen Mentoren, Gio Wiederhold, bis 2001 Professor für Datenbanken an der Universität Stanford und in den Gründungsjahren des L3S wichtiges Mitglied im wissenschaftlichen Beirat, gab uns in den frühen Jahren des L3S einige Fragen mit, die George Heilmeyer, ehemaliger Direktor der US-amerikanischen Forschungsbehörde ARPA, vor etwa 50 Jahren als Evaluationskriterien für Projektanträge formuliert hatte, und die in der Folge in vielen anderen Kontexten genutzt und als „Heilmeyer’s Catechism“ bekannt wurden.

Wir geben sie in der Formulierung von Gio Wiederhold wieder. Sie eignen sich (gerne ergänzt, je nach Disziplin, durch weitere Fragen) sowohl als Evaluationskriterien für Forschungsprogramme und Projektanträge ebenso wie (etwas abgewandelt) als Leitlinien für Promotionen, wissenschaftliche Arbeiten und wissenschaftliche Publikationen. Aus diesem Grund sind sie wichtiger Bestandteil unserer Forschungsphilosophie und unserer PhD Mentoring Guidelines.

Heilmeyer’s Catechism
  1. Was ist das Problem, warum ist es schwierig?
  2. Wie wird es heute gelöst?
  3. Was ist die neue technische Idee; warum können wir jetzt erfolgreich sein?
  4. Was sind die Auswirkungen, wenn es erfolgreich ist?
  5. Wie wird das Programm organisiert?
  6. Wie werden Zwischenergebnisse generiert?
  7. Wie soll der Fortschritt gemessen werden?
  8. Was wird es kosten?

Ein einfacher, aber sehr wirkungsvoller Fragenkatalog, der in jedem Forschungsantrag beantwortet werden sollte. Gehen wir im Folgenden etwas detaillierter auf einige dieser Aspekte und unsere Forschungsphilosophie ein.

Originalität und Relevanz

Exzellente Forschung setzt an innovativen Fragestellungen an, die bislang unbeantwortet sind und gleichzeitig eine hohe Relevanz für Wissenschaft und Gesellschaft haben. Wir wollen wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen mit technologischen Innovationen verknüpfen, die Probleme auf neuartige Weise, besser als bisher, lösen.

Methodik, Transparenz, Vorgehen

Methodik und Forschungsergebnisse müssen nachprüfbar sein. Besonders in der KI, wo Modelle oft komplex und schwer nachvollziehbar sind, ist Transparenz von besonderer Bedeutung, und nicht nur das Ergebnis, sondern auch der nachvollziehbare Weg zu seiner Herleitung ist Teil exzellenter Forschung. In einer Zeit, in der alle verfügbaren Daten zum Training großer KI-Modelle genutzt werden, stehen wir vor der zusätzlichen Herausforderung überhaupt wissenschaftlich sauber evaluieren zu können. Das Forschungszentrum L3S legt großen Wert auf die offene Bereitstellung von Daten, Algorithmen und Ergebnissen, um Replizierbarkeit und die Überprüfbarkeit durch die wissenschaftliche Gemeinschaft zu gewährleisten. Dazu ist vor Beginn der Arbeiten eine Planung mit konkreten Zwischenzielen und messbarem Fortschritt in allen Phasen des Projektes hilfreich und wichtig.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

KI als neue Grundlagendisziplin (wir erinnern uns an die vor kurzem vergebenen Nobelpreise für Physik und Chemie an Grundlagenforscher aus der Künstlichen Intelligenz) erfordert oft die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern anderer Disziplinen: Informatik, Ethik und Recht etwa bei der Entwicklung von Algorithmen und neuen Ansätzen; Informatik und wichtige Anwendungsgebiete, etwa Maschinenbau, Medizin oder Bildung, bei der Entwicklung effizienter und maßgeschneiderter Lösungen.

Einfluss auf das wissenschaftliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Umfeld

Exzellente Forschung hat nicht nur in der Wissenschaft Bedeutung, sondern auch einen klaren Einfluss auf Wirtschaft und Gesellschaft. KI hat das Potenzial, eine Vielzahl von Bereichen – von der Gesundheitsversorgung bis zur Mobilität – grundlegend zu verändern. Ein am L3S entwickeltes Modell zur Analyse von Gesundheitsdaten könnte dazu beitragen, bessere Behandlungs-entscheidungen zu treffen und letztendlich die Gesundheitsversorgung zu verbessern (Seite 21). Die Studie zu LaMMOn (Seite 24) zeigt, dass innovative Technologien wie Sprachmodelle und neuronale Graph-Netzwerke den Weg für effizientere Verkehrssysteme ebnen können. Die Forschung des L3S zur digitalen Epidemiebekämpfung (Seite 20) verdeutlicht, dass soziale Netzwerke nicht nur ein Ort der Kommunikation sind, sondern auch eine wertvolle Datenquelle für das Krisenmanagement. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des L3S arbeiten auch daran, mit Hilfe großer Sprachmodelle den teils allzu rauen Ton in den sozialen Netzwerken zu entschärfen, um produktivere Diskussionen zu ermöglichen (Seite 18). Bei einigen Methoden des maschinellen Lernens, wie dem Deep Reinforcement Learning, ruhen große Hoffnungen auf Embodied AI. Aber bevor es in kritischen Anwendungen, wie industriellen Systemen oder autonomen Fahrzeugen, vollumfänglich genutzt werden kann, müssen noch Fragen zu Effizienz, Generalisierbarkeit und Robustheit gelöst werden. Auch daran arbeitet das L3S (Seite 16).

Ethische Verantwortung

Im Bereich der KI ist ethische Verantwortung ein zentraler Faktor. Systeme, die auf KI basieren, beeinflussen zunehmend wichtige Entscheidungen in unserem täglichen Leben. Jedoch gibt es noch viel Forschungsbedarf, bevor etwa generative KI-Systeme in kritischen Gebieten wie der medizinischen Praxis breiten Einsatz finden können. Eine aktuelle Studie des L3S hat ergeben, dass GPT-4 zwar beeindruckende Fähigkeiten bei der Beantwortung medizinischer Fragen aufweist, aber bisweilen auch noch mit großer Überzeugung falsche Empfehlungen und Antworten gibt (Seite 22).

Das Forschungszentrum L3S setzt auf verantwortungsbewusste Forschung und betont die Bedeutung von fairen und transparenten Algorithmen. Wir berücksichtigen auch die ethischen Herausforderungen von KI und entwickeln Ansätze, um Bias, also Verzerrungen, in Modellen zu minimieren und gleichzeitig sicherzustellen, dass KI-Systeme transparent und nachvollziehbar bleiben. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um das Vertrauen der Gesellschaft in diese Technologien zu stärken und einen fairen Einsatz zu garantieren. Die Studien des L3S zu Hybridsystemen gegen Verzerrungen in Lernmodellen (Seite 12) und zu FairTrade (Seite14) zeigen eindrucksvoll, dass es möglich ist, KI-Systeme fair und leistungsfähig zugleich zu gestalten.

Nachhaltige Wissensvermittlung und Ausbildung

Exzellente Forschung geht über die reine Publikation von Artikeln hinaus – sie beinhaltet auch die Vermittlung von Wissen an die nächste Generation von Wissenschaftlern. Das Forschungszentrum L3S leistet einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung junger Forscher, indem es Programme zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses anbietet. Um den Austausch zu fördern, organisiert das L3S Workshops, Seminare und internationale Konferenzen wie die ACM International Conference on Web Search and Data Mining, die im März 2025 in Hannover stattfinden wird. Dies trägt dazu bei, unseren Nachwuchs mit Spitzenforschern aus der ganzen Welt zu vernetzen, zu inspirieren und Innovationen in allen Bereichen zu beschleunigen.

L3S Best Publications: l3s.de/category/best-publications/

Kontakt

Prof. Dr. Wolfgang Nejdl

Wolfgang Nejdl ist geschäftsführender Direktor des Forschungszentrums L3S.

Prof. Dr. Marius Lindauer

L3S-Mitglied Marius Lindauer leitet das Institut für Künstliche Intelligenz der Leibniz Universität Hannover.